Jihm reienbrfe der Jüdtirvliſche Dorfdichter. Eine literariſche Studie von Heinrich Bischoff Profeſſor an der Univerſität Lüttich. Stuttgart, Verlag von Adolf Bonz & Comp. 1903. Richard Bredenbrüder zs der ſüdtirvliſche Porkdichter. 2522 Eine literariſche Studie von Heinrich Biſchoff Profeſſor an der Univerſität Lüttich. | T D ZE Stuttgart. Verlag von Adolf Bonz & Comp. 1903. Dru> von A. Bonz" Erben in Stuttgart. PYorworft. Vorliegende Studie erſchien zuerſt in vlä- miſcher Sprache in der Zeitſchrift: „Dietſche Warande en Belfort “;November- und Dezember- Heſt 1902) und auch als Broſchüre im Verlage von A. Siffer in Gent. Der Deutſche Leſer mag bedenken, daß dieſelbe eigentlich zur Belehrung des Ausländers beſtimmt. - Die Gelegenheit, die- jelbe dem deutſchen Publikum zugänglich zu machen, ergriff ich aber umſo lieber, da ich etwas mehr bezweckte als die einfache Bekanntmachung eines deutſchen Dichters im Auslande. Worin dies „Mehr“ beſteht wird der Leſer leicht heraus- finden. Lüttich, im April 1903. Der Yerfalſer, Pas . Blätter aus einem beſcheidenen Menſchenſein. 1. Auflage 1896 (Berlin. Verlag3haus Vita); 2. Auflage. Berlin. F. Fontane u. Cie. 321 S. Pr. 3.50 4. ** Drei Teufel. Eine Jdylle von der Kehrſeite. Berlin. Fontane. 1897. 214 S. Pr. 3 4. "* 1. Der ledige Stiefel. Berlin. Fontane. 1897. 285 S. Pr. 3.50 «4. 2. Jc>“ j (1896) erregte in der literariſchen Tagesfkritik y großes Aufſehen und es wurden vielfach Stimmen | laut, die den Autor ſofort auf gleiche Höhe mit Anzengruber und Roſegger, ja ſogar über lebteren ſtellten. (Es iſt mir diefes leicht begreiflich, da das Buch nicht allein die vielverheißende Ta- lentprobe eines Anfängers, ſondern ein gereiftes | Kunſtwerk iſt, das in ſeiner zweiten =- allerdings | jtark umgearbeiteten -- Auflage (1901) manches | andere Werk des Dichters überragt. Man mußte | dem Buche gleich anjehen, daß man es hier nicht mit | einem Durchſchnittliteraten zu tun hatte, ſondern 134 mit einem durchaus perſönlichen und eigenartigen - 4) Talente, das ſtark genug war, um auf dem ver- brauchten Gebiete der Dorferzählung etwas Neues zu bieten. Neu war zunächſt der Gegenſtand. Bredenbrücfer wählte zur Darſtell ung einen bisher 29 - in der Dorfliteratur kaum zu Wort gekommenen Volkszweig, den nämlich der herumziehenden Leute, Korbflechter, Keſſelfliker oder Schauſpieler, die in Tirol mit dem allgemeinen Namen „Dörcher“ be- namſt werden. Eigenartig, wenn nicht ganz neu, war auch die Technik, die Kompoſition. Der Dich- tex führt uns die Heldin -- die Hofer-Kathl, eine zur Seßhaftigkeit gelangte und nunmehr als Doktorbäuerin fungierende Dörcherin = an ihrem LebenSabend vor, in allgemeiner Charakteriſtik, berichtet wie er mit ihr befannt geworden und vertieft dann ins einzelne die Charakteriſtik, be= ſonders mittels der Unterredungen, die er mit ihr hat. Namentlich erzählt ſie ihm ihren biSherigen Lebenslauf, und ſo kommt denn die Vorgeſchichte der Heldin =- die Expoſition =- inmitten des Buches zu ſtehen. Ein äußeres Geſchehnis, das der Dichter miterlebt, bringt dann eine bedeutende Wandlung in ihrem Charakter hervor, und mit dieſer Wandlung ſchließt das Buch, das alſo nicht bis zum Tode der Heldin führt. Es iſt faſt keine Handlung in dem Werke; das iſt zunächſt be- zeißnend für alles, was Bredenbrücker ſchreibt. Der Schwerpunkt iſt auf die Charakteriſtik verlegt; die Pſychologie dex Heldin und die allgemeine Sittenſchilderung des fahrenden Volkes der Dörcher IN | bilden das faſt ausſchließliche Augenmerk des | Dichters. : [j] - In einem unweit des Schlern * gelegenen | Dorfe wohnt ſeit Jahren die ehemalige Dörcherin, h die „Hofer-Kathl“. Sie doktert an Bauern und ) Vieh herum, ſie wallfahrtet für die Bauern zu h allen Gnadenbildern der Umgebung, ſie treibt auch ; Handel mit den „„Sommerfriſchlern“, den Städtern, ſür die ſie Steine im Gebirge ſammelt, Blumen zieht, und allerlei Altertümer auftreibt. Im Han- del, welcher Art ex auch ſei, Bauern wie Städtern Überlegen, dabei von ſtinkendem Geize, hat ſie | j ſich im Laufe der Jahre ein hübſches Stück Geld ß; j zurückgelegt, was ſie jedoch nicht hindert, ſich ſtets EI für ein „viel armes Weibermenſch“ auszugeben. | | Dem Dichter, der ſich hier für einen in der Nähe 49.14 ihres Häuschen3 arbeitenden Maler ausgibt, dem ſie übrigens ſpäter Modell ſteht, erzählt ſie, nach ; gewonnenem Zutrauen, von ihrem ſrüheren Leben. | Sie iſt die Tochter eines Karrner3; mit rohen ] Eltern und Geſchwiſtern, die ſie arg mißhandelten y und zu allerlei böſen Kniffen dreſſierten, zieht ſie | in dex Welt herum. Mit achtzehn: Jahren, der rohen Behandlung müde, läuft ſie ihren Eltern, | * Mädtiger Bergſto> in den Südtiroler Dolomit- | alpen. | SA BICHSE mit dem „Hofer-Flor“, einem unterwegs ge- troffenen Dörcher, davon. Ihre Liebſchaft, ihre wilde Che mit dem ſchlimmen Saufbruder, ihre regelgültige Kopulierung in Rom ſind ergößlich erzählt. Nach ſiebenjähriger Ehe, der fünf Kinder entjproſſen, wovon aber nur eins, der „Naz“ (Ignazius) am Leben blieb, ſtirbt ihr Mann an den Folgen einer Schlägerei. Während ſie beim Pfarrer des Dorfes die TodeSanzeige macht, läuft ihr der „Naz“, der. „Malifizbub, der Tuifl, der Lump, der elendige Schelm, der ganz zunichter (ſchlechter) Hundling“ davon; zu ihrem Schrecken wird ſie fernerhin gewahr, daß der „Lausbua“ dem Flor das Geld aus der Taſche geſtohlen und ihm ſeine Uhr und Kette abgeknöpft, eine äußerſt koſtbare Kette, mit ganz ſeltenen Münzen behängt. So etwas kann ſie dem Naz nie vergeben und in Schimpfereien und VWVerwünſchungen gegen den „Bengel, den Filot, den AasSbua“, dem ſie nur das Leben gegeben, damit der Teufel eine Freude habe, wenn er ihn einſtens in Pech und Schwefel ſiedet, kann ſie fich nicht genug tun. Allein kann ſie das fahrende Leben nicht fortſeßen ; ſie verkauft den Karren, den Hund und dem Flor ſeine Kleider, erwirbt für einen Spottpreis ein als geſpenſterhaft verſchrieene8, kleines Häuschen und gelangt ſomit 32 -- zur Seßhaſtigkeit. Nach langen Jahren kommt eine Scaujpielertruppe in das Dorf, „in welchem ſie jich feſtgeſetzt. In dem Anführer derſelben er- kennt ſie, an der geſtohlenen Kette, ihren Sohn, den „Naz“. Es gibt zunächſt einen heftigen Streit um den Wiederbeſit der Kette und das Wieder- ſehen zwiſchen Mutter und Sohn iſt das nur denkbar unerfreulichſte. Beim Anblick ihre3 Enkel- kindes erwacht jedoch in dieſem weiblichen Drachen die Mutterliebe, die ſie innerlich ganz umwandelt. Sie ſöhnt ſich mit ihrem Sohne aus, nimmt das Kind zu ſich und damit endet die Geſchichte. Bei dieſer Inhaltsangabe übergehe ich da3 Intereſſanteſte des Buches, namentlich die zahl- reichen Epiſoden, die nur da ſind, das Charakter- bild der Heldin zu vertiefen, von einer neuen Seite zu zeigen, oder das merkwürdige Volk der Dörcher in ſeinem ganzen Leben und Treiben zu ſchildern. In hundert und hundert fleinen, dem Leben abge- lauſchten Zügen, wird uns dieſe ſonderbare Frauen- ſeele vorgeführt, die in ihrer Schlauheit und Ein- falt, in ihrem naiven Gemütsleben, in ihrer er- göblichen und doch oft tiefſinnigen Religion3- und Leben3anſchauung eine der eigenartigſten Geſtalten bildet, welche je die Dorſdichtung hervorgebracht. Sympathiſch iſt ſie bei weitem nicht, vor ihrer 33 -- Bekehrung zur Menſchenliebe am Schluſſe iſt faſt kein gutes Haar an ihr; ihr hervorſtechendſter Charakterzug iſt die rückſichtsloſeſte Eigenliebe; dieſe äußert ſich aber meiſtens in ſo drolliger Weiſe, daß ſie nie abſtoßend wird. Das Werk iſt reich an feinem, eck zu bringen, deſſen Füllung ihnen eng am Herzen liegt. In „Dörcherpack“ brauchte der Verfaſſer gerade einen der Hofer-Kathl an Geriebenheit ebenbürtigen Seelſorger, um ein paar humoriſtiſche Szenen hervorzubringen, in denen die beiden ſich derung zu wahren, gelingt dem Verfaſſer nicht immer; es kommt ihm ein paar Mal vor, ſelbſt dur< den Mund ſeiner Perſonen zu ſprechen. Ferner verleitet ihn die Sucht, gewiſſe Untugen- den des Volkes wie ſeine Selbſtſucht, ſeine Hart- herzigfeit, ſeinen Aberglauben in ein grelles Licht zu ſezen, zu einigen allzu dick aufgetragenen Strichen, die in einem ſo meiſterhaften Bilde wehe tun. Da3 Erſtlingswerk eines Schriftſteller3, das auf das Intereſſe der Handlung und der Liebes- pſychologie verzichtet, alle Requiſiten der gewöhn- lichen Dorfgeſchichte verſchmäht, einen wenig be- fannten Velksſtamm getreu und anſchaulich ſchil- dert, ein wohlgelungenes Charakterbild zu Stande bringt, iſt gewiß ein vollwertiges Dokument ge- diegener Künſtlerſchaft. Dieſe „Blätter aus einem beſcheidenen Menſchenfein“ ſind aber nichts für bejs den reinen Teufel. Drei diaboliſcherxe Frauenzimmer wie die Heldinnen dieſes Buches kann man ſich nicht denken. Waäs die drei in faſt ununterbrochener Rede und Gegenrede an naiver Verderbtheit, j; ſie dient zur Hervorbringung des Lächerlichen und ſo- mit iſt ihr der Stachel genommen. ES iſt ein ſehr ſeiner Zug von Bredenbrücker daß ex ſeinen Hel- dinnen(!) ein ſo vorgerücktes Alter gegeben. Crſtens verſtärkt dies bedeutend die humoriſtiſche Wirkung; achtzigjährige Leute, die ihre lezte Lebens8- kraft in gegenſeitigem Anbelfern verbrauchen, ſind gewiß lächerlicher, wie junge Streithammel. Zwei- tens enthebt dies den Dichter jeder Schilderung des Sinnlichen. Der gewöhnliche Schriftſteller, der eine derbe Berichtigung der landläufigen Meinung vom ländlichen Leben hätte ſchreiben wollen, wäre zuerſt darauf verfallen, der ländlichen Sittenreinheit die Sittenverderbnis entgegenzuſtellen. Aus den engelreinen Bauernmädchen hätte er wollüſtige Dirnen gemacht. Der Naturaliſt wäre ſicherlich jo verfahren und hätte dabei jeden Humor ausge- ſchloſſen; feinen Augenblick hätte er die ſtrenge Miene des wahrheitsliebenden Sittenrichters8 ab- Enn ieren dae lm R EARN gelegt. So muß denn gerade ein Werk wie dieſes, das man wenigſtens einer Eigenſchaft willen -- nämlich der faſt ausſchließlichen Schilderung des Häßlichen -- in das naturaliſtiſche Lager verweiſen fönnte, am überzeugendſten darlegen, wie himmel- weit Bredenbrücker vom Naturalizmus Zola'ſcher Obſervanz entfernt iſt. Eine andere Frage iſt die, ob ſich das Buch mit Intereſſe bis zu Ende lieſt, ob dies fort- währende Gekeife nicht am Ende ermüdet, ob der ſjrxohe Schalk nicht ſchließlich zur Laſt wird. Meinem Gefühle nach geht der Verfaſſer wohl bis zur äußerſten Grenze des Verdaubaren, überſchreitet dieſe jedoch nicht. Daß er das Gefühl aufkommen läßt: „mehr fönnte man doch nicht ertragen“ iſt jedoch ſchon zu viel. Es wäre gewiß beſſer, wenn der Leſer von dem Buche ſchiede mit dem Be- dauern, daß es ſchon aus iſt. Die einzelnen Gezänke an jich ſind nicht zu weit ausgeſponnen; mit außer- gewöhnlichem Geſchi> weiß Bredenbrücker ſie zu variieren; immer neue Töne erſchallen an unſer Ohr in dieſer Schimpfſymphonie; keiner fällt durch ſeine Wiederholung läſtig. Der denkbar ſprödeſte Stoff, an dem jeder Stümper zu Grunde gegangen, iſt in einer Weiſe bemeiſtert, daß man das Buch al5 ein Kraftſtück allererſten Ranges bezeichnen, muß. SEEM R Vor dieſer „Jdylle“ war ſchon ein Novellen- band Bredenbrücker3 erſchienen, dem bis zum Jahre 1900 vier weitere folgten. „Der ledige Stiefel“ iſt ſo betitelt nach der erſten der drei Novellen, die dieſer Band enthält. „Der Name“ (der ledige Stiefel) = ſchreibt ein Kritiker in der Neuen Preußiſchen Kreuzzeitung „weckt die ſchönſten Erinnerungen für den Wiſſenden. Wer von Wa i d- bru> heraufſtieg zwiſchen Caſtelruth und Seis, um beim Wildbad von Raßes den Berg- pfad zu treffen, der zum zackigen Dolomitenturm des Schlern emporführt, der hat vielleicht, wenn er nicht zielſtürzig ſeine Straße zog, jeitab den köſtlich gelegenen Hügel gefunden, der den fleinen wirtlichen Hof „Zum ledigen Stiefel? trägt. I< denke mit dankbaxem Entzücken jener Stätte im Schmuck der reichen und kraftvollen Bergſflora, des ſtarken Hochwalde3 und der ſchön- geſchwungenen Zinnen der Hochwarte, zu denen wie eine kühngezeichnete Galerie die Stufen der „Roßzähne“ hinanleiten. Hier raſtet es ſich gut am Spätſommerabend. Sieht man auch hier nicht die phantaſtiſche Abendglut des Schlern ent- brennen, wie von Bozen aus =- denn hier jißt man im Schatten de3 Berges =, jo leuchtet doch der wundervolle goldige Schein des Himmels, in den die dunkeln Zacken ragen, über den herrlichſten Formen des 'Hochgebirges, und das Auge ſchwelgt in den warmen tiefen Tönen des Landſchaft3- bildes. Hierher verlegt Richard Bredenbrücker den Schauplatz einer vortrefflichen Tiroler Dorfge- ſchichte mit tröſtlichem und behaglichem Ausgang.“ Es handelt ſich in dieſer Geſchichte um einen alten, 65jährigen Junggeſellen, ſeines Zeichens ein ehrſamer Schuſter. Durch den Tod jeiner Mutter wird er erſt recht eigentlich Herr ſeiner Perſon und ihm einen Floh ins Ohr, indem er ihm zu- redet, es ſei nun für ihn endlich an der Zeit, ans Heiraten zu denken. Dabei iſt es nun höchſt ergößlich zu verfolgen, wie der Schuſter, der „Brogfaller-Nikl“, ſich langſam zu dem Gedanken befehrt, den er zuerſt vernünſtigerweiſe ablehnt; wie er zum unfreiwilligen Narren dieſes ſich zur fixen Idee verdichtenden Gedanfen3 wird und, nach- dem ein Antrag ihm mißraten und er zwei ihm gemachte abgewieſen hat, als „lediger Stiefel“ = ein Spottname, den er im Dorfe befommt = das Zeitliche ſegnet. Auch hier bilden abwechſelnd Dia- log und Monolog den faſt ausſchließlichen Inhalt der Geſchichte; kaum einige Zeilen berichtenden Inhalts ſind hineingeſchoben. In köſtlichen Mono- AI logen = natürlich wieder in echt tiroliſchem Dia- left =- läßt der Dichter ſeinen Helden philoſo- yhieren über die Liebe, das Heiraten und ſeine Folgen. Die Dialoge ſind wie immer von einer verblüffenden Naturtreue, nicht nux in Bezug auf die Sprechweiſe, ſondern auch was die allgemeine Geſtaltung und den Gedankengang betriſft. Ein- fache Kopie der Natur ſind dieſe Dialoge troßdem nicht. Bredenbrücker iſt zu ſehr Künſtler, um das Alltag38geſchwäß phonographiſch wiederzugeben. Er veredelt die volkstümliche Sprechweiſe namentlich dadurch, daß ex ſie mit Bildern, Vergleichen und Sprichwörtern ſpickt, die oft von überraſchender Originalität und dem anmutigſten Reize ſind. Nur in einem Punkte, dem nämlich der künſt- leriſchen Beſchränkung, iſt ex nicht immer jo Meiſter über ſich ſelbſt; er wird mitunter ein bißct iſt die: Art und Weiſe, in welcher ſie dieſes tut, ihrer Bildungsſtufe angepaßt, und die Bewei3- gründe, ſowie die Ausdruck8weiſe ſind ihrem An- ſk“. =- Mein Schluß- urteil über den Roman kann nur dahin lauten, daß derſelbe das bis hierhin unerreichte Muſter des realiſtiſchen Dorfromans iſt. Eine hoch- deutſche Faſſung dieſes Meiſterwerkes wäre, um Deſſen größere Verbreitung zu ermöglichen, dringend zu wünſchen. Der etwas höhere Grad von Echtheit, der durch den Gebrauch des reinen Dialekts erreicht wird, erfordert vom Dichter Opfer, die er nicht bringen ſoll und bereitet dem Leſer Beſchwerden, die einen etwas teuren Kauſpreis bilden für den erhöhten Genuß. Nicht nur aus Gründen der Opportunität, ſondern auch grundſäßlich ſtehe ich nicht für den reinen Dialektgebrauch ein. Es kommt gar nicht darauf an, daß der Dorfſchildexer die Wörter gebraucht, deren der Bauer ſich bedient; er ſoll nur ſeine Redeweiſe, ſeine urwüchſigen Wen- dungen, Vergleiche, Sprichwörter wiedergeben ; das fann er aber ganz gut in reinem Hochdeutſch tun. Einzelne bemerken8werte Wörter, die wie das tiroliſche „Vaterunſerloch“ für „Mund“, eine ganze Charakteriſtik in ſich ſchließen, tut der Dichter gut, uns nicht vorzuenthalten, aber in dieſem Ge- brauche iſt Sparſamkeit zu empfehlen. Einige Fußnoten zur Erklärung dialektiſcher Ausdrücke jhaden nicht, aber dex Gebrauch lekterer ſollte nie ſo weit gehen, daß der Dichtung ein ganzes GS S1 WEILS Wörterbuch beigegeben werden muß. Nicht-c